Angesichts sich immer häufiger und schneller ändernder Rahmenbedingungen nimmt Projektarbeit in Unternehmen eine zunehmend große Rolle ein. Für Manager wird es immer schwieriger, die Masse der Projekte zu überblicken. In Projektportfolien werden Projektideen und laufende Projekte zusammengefasst und bewertet. Letztlich geht es dabei um die Entscheidung, welche Projekte durchgeführt werden sollen und welche besser nicht.
Eine Software, die den Entscheidungsprozess des Portfoliomanagers unterstützen soll, muss die wachsende und fluktuierende Datenmenge, die den Projekten und Projektideen zugrunde liegt, erfassen und bewältigen. In der Simulations-Software müssen die Daten intelligent aufbereitet werden, dass dem Manager eine fundierte und realistische Grundlage für seine Entscheidung zur Verfügung steht.
Der Beitrag präsentiert die Grundlagen eines agilen und strategischen Portfoliomanagements und zeigt die Möglichkeiten sowie die Grenzen einer modernen Portfoliomanagement-Software auf. Er gibt an zahlreichen Stellen Ausblicke auf künftige Modelle der computergestützten Unternehmenssimulation, die heute vielleicht noch sehr fern anmuten, aber bereits in absehbarer Zeit Standard sein werden.
Portfoliomanagement in Unternehmen:Bestandteile eines vollständigen Portfoliosystems
Prozesse: Von der Idee über das Projekt bis zum Archiv. Projekte bestimmen in vielen Unternehmen die tägliche Arbeit und auch im Alltag setzt sich der Begriff „Projekt“ immer mehr durch. Ob zu Recht oder zu Unrecht soll, das soll hier nicht diskutiert werden. Aber überall wird von „Projekten“ geredet: In der Politik, im Sport und in der Werbung. Im Folgenden wird der Begriff im wirtschaftlichen Kontext benutzt. Ein Projekt wird hier als erfolgreich umgesetzt angesehen, wenn innerhalb eines geplanten Zeitrahmens mit dem vereinbarten Budget ein definiertes Ziel erreicht wurde.
Ist ein Projekt erfolgreich verlaufen, wurde folglich der erstellte Plan eingehalten. Ob das Projekt aber für das Unternehmen nützlich und sinnvoll war, das ist nicht im Projektplan hinterlegt und wird dort auch nicht beurteilt. Doch genau darauf kommt es für ein Unternehmen an: Es geht nicht darum, irgendein Projekt erfolgreich abzuschließen, sondern es ist von zentraler Bedeutung, die richtigen Projekte durchzuführen und umzusetzen.
So entsteht ein recht einfacher Prozess, der zeitlich ausgerichtet ist: Zunächst entsteht ein Projekt in Form einer Idee, einer Kundenanfrage oder einer gesetzlichen Änderung. All diese Projekte, oder besser gesagt Projektideen, werden zunächst in einem Portfolio gesammelt. Dort werden sie auf ihre Realisierbarkeit und ihren unternehmerischen Nutzen hin geprüft. Die sinnvollen Projekte werden gestartet, die weniger sinnvollen verworfen oder zurückgestellt. Die Auswahl der richtigen Projekte ist ein permanenter Prozess. Jedes neue Projekt und jede neue Anfrage landet zunächst im Portfolio und wird dort nach Machbarkeit und Wert für das Unternehmen überprüft.
Kommt der Portfoliomanager zu dem Entschluss, dass ein Projekt umgesetzt werden soll, gibt er es frei. Die Realisierung erfolgt dann gemäß bewährter Projektmanagement-Methoden unterstützt durch entsprechende Werkzeuge. Die genaue Umsetzung wird hier nicht thematisiert. Es kommt nicht selten vor, dass die Entscheidungen, welche Projekte des Portfolios in die Tat umgesetzt werden, nicht zeitnah sondern zyklisch getroffen werden, bspw. monats- oder quartalsweise. Dadurch verliert das Unternehmen Zeit und Geld, denn die Projekte, die umgesetzt werden sollen, haben einen gewissen potenziellen Nutzen und Wert, der erst mit der Realisierung des Projekts eintritt. Jeden Tag, an dem das Projekt noch nicht umgesetzt ist, geht dem Unternehmen der positive Effekt des Projekts verloren.
Wurde ein Projekt erfolgreich abgeschlossen, sollte es nicht gelöscht, sondern archiviert werden. Neben einer gewissen Aufbewahrungspflicht bietet es sich häufig an, die Projektdaten als Grundlage für ähnliche Vorhaben zu verwenden. Leider herrscht die Sichtweise „aus den Augen aus dem Sinn“ vor, so dass sich Unternehmen die Möglichkeit nehmen, aus Fehlern und aus erfolgreichen Projekten zu lernen.
Zwischenresümee:
In einer Organisation laufen Ideen in einem Portfolio zusammen. Dort werden sie auf ihre Realisierbarkeit und ihren Nutzen geprüft. Die Prüfung sollte zeitnah erfolgen, denn je früher ein neues Projekt startet, desto eher kann der beabsichtigte positive Effekt eintreten. Jahresplanungen, in denen zu einem bestimmten Zeitpunkt das gesamte Projektportfolio für das kommende Jahr vorgestellt und durch das Management entschieden wird, sind Relikte aus der Vergangenheit und sollten in modernen Organisationen nicht mehr vor kommen.
Multiprojektstrukturen
In einem Unternehmen laufen normalerweise immer mehrere Projekte zeitgleich, parallel dazu werden neue Projekte geplant und die Umsetzung weiterer Vorhaben beschlossen. Laufende Projekte binden Ressourcen und sind darüber hinaus auch häufig Vorgänger neuer Projekte. Daher ist ein Portfolio nur funktionsfähig und vollständig, wenn nicht nur die zukünftigen, sondern auch die laufenden Projekte berücksichtigt werden. Die Informationsqualität der laufenden Projekte bestimmt maßgeblich das Ergebnis der Portfoliosimulation künftiger Projekte. Daher müssen die Informationen möglichst aktuell und vollständig sein.
Idealerweise ist ein Projektleiter für genau ein Projekt zuständig, in der Praxis jedoch steht er mehreren Projekten vor. In alten Linienorganisationen werden die Projekte durch die Projektleiter nur verwaltet, die Entscheidungen selbst trifft der Abteilungsleiter. Dies verlängert die Prozesse und die Wahrscheinlichkeit, dass Fehlentscheidungen getroffen werden, steigt drastisch. Zu berücksichtigen ist auch, dass Projektarbeit eine Projektkultur in den Unternehmen voraussetzt. Hier haben viele Abteilungsleiter deutliche Defizite. Laufen übrigens mehr als 90% der Projekte „wie geplant“, sind entweder geniale Projektmanager am Werk sind oder die Daten schlichtweg falsch.
Multiressourcenstrukturen
Neben den finanziellen Mitteln prägen vor allem die verfügbaren Ressourcen - also die Mitarbeiter - die Realisierbarkeit der Projekte eines Unternehmens. Für eine moderne Portfoliomanagement-Software ist die Tatsache, dass die Projektmitarbeiter üblicherweise in mehreren Projekten zugleich eingesetzt werden, eine echte Herausforderung. Neben ihrer Projektarbeit sind die Mitarbeiter auch mit dem routinemäßigen Tagesgeschäft und nicht planbaren Ad-hoc-Tätigkeiten ausgelastet. Dies gestaltet sowohl die Projektplanung als auch die Projektverfolgung komplex. In diesem Kontext ist es entscheidend für die Analyse des Portfolios, die Verfügbarkeit der vorhandenen Mitarbeiter für den betrachteten Zeitraum mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersehen zu können. Ist diese Wahrscheinlichkeit kleiner 50%, ist die erfolgreiche Realisierung der Portfolien eine reine Glückssache.
Moderne Projektmanagementsysteme sind in der Lage, solche umfassende Sachverhalte zu erfassen. Manche Programme verfügen sogar über moderne Kapazitätsberechnungsmodelle wie „Watermodel®“ oder „Critical Chain“, die den wirklichen Sachverhalt schon sehr gut darstellen und simulieren können. Diese Programme können dem Portfoliomanager in der Kapazitätsplanung eine wertvolle Hilfe sein.
Nicht projektbezogene Arbeiten
Mitarbeiter arbeiten sehr selten ausschließlich an Projekten, sie haben immer eine gewisse Grundlast und ein teilweise sehr umfangreiches routinemäßiges Tagesgeschäft. Teilweise liegt dieser Anteil an nicht projektbezogener Arbeit bei 50% und mehr, d.h. dass nur die restliche Kapazität für Projektarbeit zur Verfügung steht. Dieser Umstand wiederum ist für die Simulation von Projektportfolien besonders problematisch. Manch Mitarbeiter ist über mehrere Tage hinweg nur mit dem Tagesgeschäft oder mit Ad-hoc-Aufgaben beschäftigt, was schwer berechenbar ist.
Moderne Computersimulationen verfügen über eine Reihe interessanter mathematischer Modelle, um das wahrscheinlichste Verhalten der Mitarbeiter unter solchen Last-Konstellationen vorherzusehen. Manche Firmen verwenden hier (zu) einfache Modelle: Pro Tag wird einfach eine gewisse Stundenzahl bei der verfügbaren Kapazität abgezogen. Dies führt zu erheblichen Abweichungen, die zwar im Einzelfall gering sind, in der Summe aber die Simulation völlig falsch werden lassen.
Projekt-Programme
Projekte, die zu einem übergeordneten Gesamtvorhaben gehören, werden als Programme zusammengefasst. Programme stellen somit eine Zwischenstufe von Projekten zu Portfolien dar. Zwei wesentliche Unterschiede gibt es zwischen Programmen und Portfolien: Die Projekte in einem Programm sind häufig miteinander verknüpft und ein Programm hat in der Regel ein Enddatum. Projekte in Portfolien hingegen stehen normalerweise nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander, außerdem ist ein Portfolio ein permanenter, sich weiterentwickelnder Arbeitsvorrat.
Computerprogramme für das Portfoliomanagement verzichten häufig auf das Feature „Programme“, da diese in so genannten Multiprojekten mit Unterprojekten zusammengefasst werden können. Insofern sind Multiprojekte mit Unterprojekten mit Projekt-Programmen inhaltlich identisch, es handelt sich lediglich um verschiedene Begrifflichkeiten.
Projekte in Portfolien
Projekte werden in einem Portfolio in der Regel nur einfach abgebildet. In dem Eintrag sind die wesentlichen „Kopfdaten“ der Projekte wie Name, Projektbeginn und -Ende sowie die Kosten hinterlegt. Darüber hinaus werden hier die grundlegenden allgemeinen Kapazitätsanforderungen ebenso eingetragen wie der Nutzen (monetär oder nach anderen Verfahren). Das Risiko wird teilweise manuell eingetragen, teilweise von dem Computerprogramm berechnet. Gerade im Bereich der Kapazitätsrisiken kann nur eine leistungsstarke Software die Datenmenge adäquat verarbeiten, die notwendig ist, um die Wahrscheinlichkeit einer Überlastung zu berechnen. Die Visualisierung der Analyse der Projekte in einem Portfolio erfolgt üblicherweise in Quadranten oder Bubble-Charts. Auf der x-Achse des Diagramms wird das Risiko, auf der y-Achse der Nutzen abgebildet. Der Durchmesser der Kreise oder Kugeln spiegelt den geplanten Aufwand oder die Kosten wider. Viele Werkzeuge zum Projektportfoliomanagement bilden nur die neuen, noch nicht begonnenen Projekte ab. Nur wenige Systeme berücksichtigen in ihrer Simulation des Projektportfolios auch die laufenden Projekte und stellen sie simultan in einer Grafik dar.
Zwischenresümee:
Die Analyse eines Projektportfolios muss seiner komplexen Struktur gerecht werden. Einerseits müssen Projektarbeit, Grundlasten und Ad-hoc-Tätigkeiten der Mitarbeiter beachtet werden. Andererseits muss die Analyse auch die Tatsache berücksichtigen, dass Projektmitarbeiter (Ressourcen) in mehreren Projekten gleichzeitig eingesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist es ein Muss, dass die Analyse des Portfolios alle laufenden und die geplanten Vorhaben berücksichtigt und dabei auf die aktuellsten Daten - speziell der aktuelle Ressourcen- und Finanzmittelverbrauch - zugreift. Wenn die eingesetzte Portfoliomanagement-Software diese Basisdaten nicht berücksichtigen kann, dann ist das gesamte Portfolio sinnlos.