Frage:
Bei uns werden bei fast allen Sprints nicht alle Storys geschafft. Diese Storys werden immer in den nächsten Sprint gezogen. Die Idee von Scrum, einen Sprint komplett zu erreichen, wird nicht gelebt.
Antwort:
Das ist ein weit verbreitetes Problem in einer normalen Organisation. Die Ursachen sind leider vielfältig. Häufig werden Teammitglieder im Sprint nicht in Ruhe gelassen. Es kommen ständig neue Aufgaben dazu oder Storys werden verändert.
Meist ist auch bereits die Sprint-Planung unrealistisch, weil die Kapazitätsplanung Grundlasten und andere Arbeiten nicht berücksichtigt.
Damit eine Firma wirklich „agil“ arbeitet, müssen alle Personen das Konzept verstehen und akzeptieren. Auch gegenüber Managern und Kunden. Dies ist in den meisten Firmen nicht der Fall, da viele „Stakeholder“ andere Organisationsformen gewohnt und mit diesen neuen Verfahren nicht vertraut sind.
Das können Sie nicht ändern, aber das Team kann es etwas umgehen, indem es wirklich zusammenarbeitet wie ein Team im Sport, das trotz eines parteiischen Schiedsrichters, der ja die Regeln falsch auslegt, immer mehr zusammengeschweißt wird.
Frage:
Die Teammitglieder in den Scrum Teams aktualisieren in Jira ihre Storys nicht und machen auch wenig Zeiterfassung. Sie müssen durch den Scrum-Master ständig dazu aufgefordert werden. Das nervt!
Antwort:
Das Problem muss aus Sicht des jeweiligen Teammitglieds betrachtet werden. Es hat ja keinen wirklichen Nutzen aus der Zeiterfassung, es ist nur eine Kontrollfunktion der „Bosse“.
In manchen Fällen kann man die Bedeutung der Ist-Zeit-Erfassung erklären und so ein Verständnis wecken. Das Management muss klar und transparent machen, was mit den Informationen passiert, beispielsweise, dass sie die Grundlage für die Abrechnung an Kunden sind, und letztendlich das Gehalt beeinflussen. Auch die anderen Teammitglieder können hier einwirken, indem sie die Kollegen daran erinnern.
Letztendlich ist es aber die Aufgabe des Scrum-Masters, dafür zu sorgen, dass die für die Planung notwendigen Daten erhoben werden, auch wenn es nervt. Häufig sind genau diese Kollegen die engagiertesten. Sanktionen sollten daher unterlassen werden, man sollte damit leben.
Frage:
Im Sprint-Poker wird nicht wirklich über den Aufwand oder die Komplexität von anstehenden Storys im Team diskutiert. Eine Person schätzt den Aufwand und die anderen sagen nichts. Wird hier nicht ein Vorteil von Scrum verspielt?
Antwort:
Ja, es wird ein Vorteil verspielt, nämlich der fachliche Austausch und das Lernen in dieser Phase.
Eine Ursache ist, dass es zu wenig Zeit für das Planning-Meeting am Anfang des Sprints gibt. Das Management sieht darin nur „Gequatsche“, da wird ja nicht gearbeitet. Ein anderer Grund sind die unterschiedlichen Fähigkeiten der Teammitglieder. Es gibt eben sehr gute Personen, deren Fachwissen und Erfahrung andere deutlich überragt. Die wenigsten Scrum Teams sind fachlich harmonisch ausgerichtet. Die „besseren“ Teammitglieder sollten aber angehalten werden, ihr Wissen weiterzugeben und so das gesamte Team besser zu machen. Sie sollten ausführlich erläutern, wie sie auf die Schätzung kommen und welche Überlegungen sie angestellt haben.
Teammitglieder, die bewusst ihr Wissen für sich behalten, sind keine Teammitglieder und dann eben nicht „Scrum-fähig“.